Neue Gorilla Perfumes @ Lush – Abgefahrene Dufterlebnisse
Als ich hörte, dass Gorilla Perfumes eine neue Duftkollektion herausbringen wird, war ich ganz aus dem Häuschen. Mark und Simon Constantine (der Lush-Gründer und sein Sohn) gehören für mich zu den aufregendsten Parfümeuren unserer Zeit. Sie sprengen Grenzen und überraschen mit Duftkreationen, die man so sonst kaum findet. Für mich gibt es nichts wunderbareres als solche kleinen Nischen-Parfümhäuser, die sich erfrischend vom üblichen Mainstream abheben.
Diese Kollektion besteht ausschliesslich aus Parfümölen, die keinen Alkohol enthalten. Ich schätze Parfümöle sehr, denn sie haben eine ursprüngliche Wärme und Intensität, die normales Parfüm zum Aufsprühen nicht hat. Sie verschmelzen mit der Haut und halten zumindest bei mir immer ein Stückchen länger. Ich würde die Düfte dieser Gorilla-Kollektion durchgehend als Unisex einstufen. Dann legen wir mal los:
Ja, dieses Parfüm heisst Furze… ich gebe Euch allen schnell einen Moment, um fertig zu kichern. Erledigt? Gut. Denn Furze riecht so viel besser, als dass man es dem Namen nach im deutschsprachigen Raum erwarten würde: süss und milchig wie ein geschmeidiges Karamell-Täfeli mit einem Hauch Fruchtigkeit von Kokos. Am liebsten würde man in den Duft reinbeissen. Furze ist Englisch für Färbeginster oder Stechginster, eine Pflanze, die man typischerweise in Grossbritannien findet. Mark Constantine war in seinem Garten darüber gestolpert und beschloss, sie in einem Parfüm zu verwenden, da ihm der alltertümliche Glauben gefiel, dass Furze vor Flüchen und Hexen schützt.
Flower’s Barrow hat meine Nase komplett verzaubert mit seinem krautigen und blumigen Duft. Er hat etwas Magisch-Romantisches, was schön zum Namen passt, da Flower’s Barrow der Name einer Englischen Wallburg aus der Eisenzeit ist, die von Römern eingenommen wurde. Diese sollen dort immer noch rumspucken. Flower’s Barrow ist ein wunderschöner, wilder Ort an der sĂĽdenglischen KĂĽste und seine Geschichte verkörpert zusammen mit der Naturschönheit alles, was ich an England liebe: diese geschichtsträchtige, romantische, grĂĽne Wildheit voller Ruinen. Thymian, Salbei, Geranie und schwarze Johannisbeere fangen dieses GefĂĽhl perfekt ein, mit altertĂĽmlichen GewĂĽrzen und dem Duft des Meeres und wilder BeerenbĂĽsche. Dazu kommt noch romantische Rose, was den Duft fĂĽr mich absolut perfekt macht.
Der Devil’s Nightcap ist ein Monolith, den der Teufel selbst ĂĽbers Meer geworfen haben soll, um das Schloss Corfe zu zerstören. Er warf daneben und jetzt liegt der Stein ominös in der Landschaft. NatĂĽrlich werden ihm auch druidische Wirkungen nachgesagt – wir sind hier schliesslich in Grossbritannien, wo Sagen und Legenden einfach dazu gehören. Der Duft ist passend: moosig, dunkel und mysteriös. Man riecht die erdige WĂĽrze von Salbei und die Magie von Ylang Ylang – eine reizvolle Kombination!
The Bug ist inspiriert vom Abhörstaat: Ăśberwachungskameras, Spionage, Geheimpolizei und Hackerangriffe inspirierten Mark und Simon Constantine zu diesem „Protest-ParfĂĽm“. Diese „Wanze“ soll die Informations-Ăśberladung durchbrechen und aufrĂĽtteln mit Galbanharz, Pfeffer, Sandelholz und Tonka. Ich selbst finde diesen Duft nicht sonderlich aufrĂĽttelnd. FĂĽr mich ist er die pure Verkörperung von Hippie- oder Esoterik-Lädeli, was wahrscheinlich an Harz und Sandelholz liegt. Ein typischer Räucherstäbli-Duft. Das passt sicher dahingehend, dass die Hippie-Bewegung sehr protestfreudig war und sich ĂĽber den aktuellen Ăśberfluss von Information und Ăśberwachung garantiert aufgeregt hätte.
Hellstone ist einer dieser DĂĽfte, die polarisieren. FĂĽr meine Lush-geprĂĽfte Nase ist er ein Genuss, da er mich ein bisschen an die Karma-Seife erinnert. Ein weiterer Hippie-Duft, aber dieses Mal etwas weicher und lieblicher, was wahrscheinlich Jojoba und Bienenwachs ausmachen. Vetiver und KĂĽmmel geben dem Ganzen eine angenehme, erdige Tiefe. Inspiriert ist der Duft ebenfalls von einem Teufel, der einen grossen Stein geworfen hat, und der nun opulent in der Landschaft rumliegt. Die Briten scheinen ein echtes Problem zu haben mit wĂĽtenden, Steine werfenden Teufeln.
The Voice of Reason ist eines meiner LieblingsparfĂĽmöle aus dieser Kollektion. Der Duft wirkt auf mich einfach unglaublich beruhigend und verbreitet eine extrem entspannende Atmosphäre. Von den Duftnoten her hätte ich das niemals erwartet: Kaffee, Zigaretten, Sandelholz und Tonkabohnen. Ich trinke keinen Kaffee, ich mag keinen Zigarettenrauch, aber ganz tief drinnen scheint die Kombination zusammen mit dem anschmiegsamen Sandelholz und den Tonkabohnen etwas Angenehmes und Warmes in mir auszulösen. Ich vermute fast, dass vor allem der Kaffeeduft und ganz entfernt ein dezentes Zigarettenaroma mich an meine Kindheit erinnern; an Erwachsene, in deren Gegenwart ich mich immer so sicher fĂĽhlte. Heute hängen ja viele von uns auch gerne in Coffeeshops wie Starbucks rum, wo ein sĂĽsser Kaffeeduft die Luft dominiert. The Voice of Reason ist „inspiriert von der Beat-Generation und ihren literarischen Verfechtern wie William Burroughs, Neal Cassady und den Sängern Gil Scott Heron oder Leonard Cohen… Strassenecken, Kellerclubs und enge CafĂ©s, umgeben vom starken Aroma französischer Zigaretten und Espresso…“. WĂĽrde mal sagen: Das kommt hin.
Auf The Sun hatte ich mich schon von der Beschreibung her gefreut, denn das Parfümöl verspricht, Sonnenschein in Flaschenform zu sein. Inspiriert von einem amerikanischen Roadtrip soll The Sun den Sommer einfangen mit Orange, Mandarine und Mimose auf einem Bett aus warmem Sandelholz. Das ergibt einen warmen, sprudelnden und etwas süssen Duft, der die Stimmung sofort aufhellt. Sommer in einer Flasche trifft es echt gut, würde ich mal sagen.
Euphoria riecht einfach nur lecker – ein echter Aufsteller in Fläschchenform! Kein Wunder bei einer Mischung von beruhigendem und würzigem Salbei und stimmungshebenden Inhaltsstoffen wie Grapefruit, Limone und Neroli. Man kann nicht aufhören, daran zu riechen, und der Duft zaubert ein Lächeln aufs Gesicht. Euphorie pur inspiriert von der Aromatherapie.
Sikkim Girls ist ein weiterer Duft, der polarisiert. Ein Duft, den nur mutige ParfĂĽmeure wie Simon und Mark herstellen können. Meine erste Reaktion war ein leicht erschrockenes und auch etwas abgestossenes „Wow“. Diese blumige Exotik haut zuerst mal rein mit Frangipani, Jasmin, Tuberose und Vanille; der Duft steigt einem sofort in dem Kopf, ist schwer und verfĂĽhrerisch. Er beruhigt sich nach einer Weile, aber so viel blumige, orientalische Ăśppigkeit muss man mit erhobenem Kopf und Selbstvertrauen tragen können. Sehr sexy, aber ein Duft, den man zuerst ausprobieren sollte.
Die Gorilla Perfumes sind in den Lush-Shops erhältlich. Natürlich auch im Kellerladen in Bern, der trotz der riesigen Marktgasse-Baustelle geöffnet hat. Schaut doch dort vorbei – die Mitarbeiter freuen sich sicher!
Es ist übrigens nicht korrekt, dass es sich bei der Kollektion ausschliesslich um Parfumöle handelt die keinen Alkohol enthalten. Das einzige ohne Alkohol ist Hellstone.
Ansonsten aber sehr schön geschriebener Artikel.
Mein Liebling ist ĂĽbrigens Sikkim Girls.
Viele GrĂĽsse, ein „Mitfan“